Prozessbericht. Gegen die dritte Angeklagte im Kontext der Blockade des Kohlekraftwerks Neurath im Jahr 2021 begann der Prozess heute erneut am Landgericht Mönchengladbach – nach einer längeren Auseinandersetzung um die Einlasskontrollen. Pünktlich vorm Gericht angekommen stellten sich Verteidiger*innen, Angeklagte und Zuschauer*innen in die Schlange zum Einlass. Doch es sollten keine „größeren“ Taschen und Rucksäcke mit rein genommen werden, hatte der Gerichtspräsident beschlossen. Die Angeklagte, mit Reiserucksack in der Kontrolle fragte: „Und wo soll ich den Rucksack dann lassen?“ „Draußen im Auto“ meinte eine Justizwachtmeisterin – „Ich habe keins und die Anreise nach hier ist nicht ohne Übernachtung möglich“. Da nun aber die Angeklagte wohl nicht so leicht wieder herausgeworfen werden konnten, klärten Anwalt, Richter und Justizwachtmeister*innen in den nächsten 20 Minuten ab, dass der Rucksack der Angeklagten doch vorm Gerichtssaal bleiben konnte – alle anderen Rucksäcke jedoch nicht. Weiterlesen 
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Freispruch vom Landgericht nach Baggerbesetzung
Pressemitteilung der Prozessgruppe. Am Morgen des 01.08.2025 kam es zur Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Köln. Angeklagt war ein Klimaaktivist, dem die Staatsanwaltschaft vorwarf, im Januar 2023 – während der Räumung Lützeraths – in den Tagebau Hambach eingedrungen zu sein. Er solle gemeinsam mit sieben anderen Aktivist:innen auf einen der 60 Meter großen Schaufelbagger geklettert sein, um von dort auf die Zerstörung des Weltklimas durch die RWE Power AG und die deutsche Energiepolitik aufmerksam zu machen. Dabei habe es sich nach der Auffassung der Ankläger um Hausfriedensbruch gehandelt.
Das Amtsgericht Kerpen hatte den 28-Jährigen bereits letztes Jahr freigesprochen. Der Tagebau sei nicht hinreichend umfriedet gewesen; von einem widerrechtlichen Eindringen auf ein umfriedetes Besitztum könne man deshalb nicht ausgehen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil kam nun es zu einer neuen Verhandlung vor dem Landgericht, doch auch dieses Gericht schloss sich den Argumenten der Verteidiger an.
„Der Freispruch freut uns, auch wenn er nicht unerwartet kam.“ meint Simon Hänschl, einer der beiden Verteidiger. „Ein anderes Urteil wäre kaum vertretbar gewesen.“
Dennoch zeigte sich der Angeklagte unzufrieden. „Es ist absurd, dass wir diese Prozesse führen müssen. Strafverfolgung muss ein Ende finden, wenn die Gesellschaft sich bessern will.“
Die vorsitzende Richterin bezeichnete den Schuldspruch im Parallel-Verfahren gegen einen der anderen Aktivisten als „handwerklich keinen großen Wurf in der Rechtsgeschichte“ – Juristendeutsch für schlechte Arbeit. Die Verurteilung dort ist noch nicht rechtskräftig. Erneut wird das Landgericht Köln entscheiden müssen.
Prozessbericht Mönch von Lützerath
Erster Prozesstag
Am 22.01. und 05.02.2025 stand der „Mönch von Lützerath“ vor dem Amtsgericht Erkelenz. Der Vorwurf gegen L.: Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen (das aus dem Video berühmte Schubsen sowie ein gestelltes Bein), in einem Fall mit Körperverletzung.
Vorgeschichte: Die Bild veröffentlichte Anfang 2024 einen Artikel, laut dem L. (unter Nennung seiner persönlichen Daten!) als „Mönch von Lützerath“ identifiziert sei. Daraufhin wagte L. die Flucht nach vorne und erzählte dies in einem Interview mit dem Stern. Später erfuhr er, dass ohne das Interview das Verfahren gegen ihn eingestellt worden wäre. Im Prozess bleibt die Frage offen, wie diese sensiblen Informationen aus den Ermittlungen an die Bild gelangt waren. Weiterlesen
Mönch von Lützerath vor Gericht
Beim ersten Prozesstag gegen den Mönch von Lützerath (wer hat sich nicht über die Bilder der Cops im Matsch gefreut?) gab es viel Medienrummel, nach Verlesen einer Prozesserklärung wurde der Prozess dann vertagt. Weiter geht es am 5.2.2025 um 9 Uhr in Saal A100 vor dem Landgericht Mönchengladbach (wegen dem großen öffentlichen Interesse ist das Amtsgericht in Erkelenz zu klein).
Hier dokumentieren wir die Prozesserklärung:
Sehr geehrter Herr Richter,Ich stehe hier vor Ihnen, um mich dem Vorwurf zu stellen, der Mönch von Lützerath zu sein.Aber wie soll man auf eine Polizei- und Justizinstitution reagieren, die 270 Verfahren gegen Personen eingeleitet hat, die an diesem Tag zum Demonstrieren gekommen waren (600 seit Beginn des Widerstandes in diesem Dorf)? Und kein einziges gegen Polizisten, das wirklich zu einer Verurteilung führte? Diese Polizisten, die das Gesetz vertreten, jedoch nicht den Mut haben, vor der Justiz die Verantwortung zu übernehmen und zu sagen: „Ich habe mit meinem Schlagstock auf einen Schädel eingeschlagen“.
BlockNeurath: Wir Sündigen weiter gegen RWE und andere fossile Konzerne – absurden Gerichtsurteilen und anderen Repressionen zum Trotz!
Der letzte Verhandlungstag des zweiten Berufungsprozess startete am frühen Morgen mit einer Kletteraktion: noch bevor die Cops zum „Bewachen“ der Mahnwache am Start waren, kletterten zwei Menschen in die hohen Bäume auf der anderen Straßenseite gegenüber des Landgerichts und hissten ein Transpi mit der Aufschrift: „SÜNDIgen gegen RWE, Besetzen, sabotieren, freisprechen!“
Das Banner und die Menschen in den Bäumen waren vom Gericht aus gut sichtbar und so bekam die Soliaktion für die Menschen der Waldbesetzung im Sündi (oder Sündenwäldchen, ein Teil des Hambacher Walds, das noch im Januar von RWE gerodet werden soll) und die Angeklagte viel Aufmerksamkeit von Gerichtsbesucher*innen und sonstigen Passant*innen.
Im Gericht ging’s dann los mit noch ein paar Beweisanträgen, die am letzten Verhandlungstag abgelehnt worden waren und nun nochmal, überarbeitet, gestellt wurden. Natürlich wurden sie alle, nach einer vergleichsweise langen Unterbrechung vom Gerichtabgewiesen. Danach wurde die Beweisausnahme geschlossen. Weiterlesen
Zwei Prozesstage mit vielen Klima-Fakten
Am Di, 17.12. und Fr, 20.12.2024 wurde der Prozess gegen eine Angeklagte im Block-Neurath-Verfahren fortgesetzt. Beide Prozesstage standen ganz im Zeichen der Angeklagten und es wurden insgesamt über 70 Beweisanträge verlesen.
Block Neurath: Cops ohne Erinnerung
Der zweite Prozesstag der Berufungsverhandlung gegen eine weitere wegen BlockNeurath angeklagte Person begann mit einer Stellungnahme der Verteidigung zum Zeugen A. – ihr erinnert euch – der Rechenkünstler von RWE, der die Berechnung des angeblichen Schadens für RWE gemacht hat. Daran ist jedoch vieles mehr als fraglich: Der Zeuge war ganz klar von Konzerninteressen beeinflusst und somit nicht unabhängig: So konnte bzw. wollte er weder den Schaden mit tatsächlichen Verträgen oder Belegen beweisen noch etwas zum Gewinn an dem besagten Tag sagen. Wahrscheinlich wollte er eher nichts dazu sagen, bzw. hatte in einem Vorabbriefing mit der RWE- Rechtsabteilung die Anweisung bekommen nichts dazu zu sagen. Unsere Meinung zur Kosten- Nutzenbilanz: Die kehrt sich um, wenn mensch die Schäden für die gesamte Gesellschaft, also beispielsweise Folgeschäden durch den Abbau und die Verstromung der Kohle mit einbezieht, was sich auch durch die Ladung von einem unabhängigen Sachverständigen wie Prof. Dr. Pao-Yu Oei beweisen ließe. Er hatte für ein ähnlich gelagertes Verfahren schonmal ein Gutachten erstellt, das eben dies unter Beweis stellt. Weiterlesen 
RWE kennt kein Gewissen
Der erste Prozesstag vorm Landgericht Mönchengladbach wegen BlockNeurath gegen die nächste vom Amtsgericht Grevenbroich verurteilte Person stand ganz im Zeichen vom skrupellosen Kohlekonzern RWE. Draußen vorm Gericht wurde mit einer Mahnwache thematisiert, dass RWE sogar ohne zu bezahlen Wasser aus dem Rhein entnehmen will um die Tagebaue zu fluten und sich um die Kosten für Renaturierung (soweit das überhaupt möglich ist) zu drücken. Einmal mehr wird hier deutlich, welche Zerstörung die Braunkohle hinterlässt.

Noch vor Beginn der Verhandlung machte die Staatsanwaltschaft ein „Angebot“ in der Strafforderung unter 90 Tagessätze zu bleiben (also unter dem wozu die erste Person verurteilt wurde), wenn auf Beweisführung und somit Verteidigung verzichtet wird, was die Angeklagte ablehnte. Weiterlesen
Block Neurath am Landgericht: Was gehört in die Akte?
Der zweite BlockNeurath-Prozess am Landgericht begann wie gewohnt mit einer Kundgebung vorm Gericht, diesmal gab es Soli-Bierdeckel und eine Absperrung, welche die Polizei freundlicherweise vorbereitet hatte – passend zu den Flyern, in denen es um eine Sperrung wegen zu viel Luftverschmutzung durch das Kohlekraftwerk Neurath ging. Diese Flugblätter wurden auch am Tag zuvor schon vor zwei symbolisch abgesperrten Geschäften in der Innenstadt verteilt.
Im Gericht ging es mit einem anderen Richter als im Parallelverfahren nach der Feststellung der anwesenden Personen direkt von der Verteidigung los mit einem Antrag auf Akteneinsicht, da eine der Wahlverteidigerinnen nach dem Amtsgerichtsurteil noch keine Akte erhalten hatte. Der Richter meinte, dem müsse nachgekommen werden und so soll die Verteidigerin vorm nächsten Prozesstag eine Kopie der Akte bekommen. Weiterlesen
Bericht vom Nicht-Prozess um Sofafrieden am 10.06.2024
So kurzentschlossen, wie RWE nach ‚Wetten dass‘ Strafanzeige erstattet hatte, so kurzentschlossen hatten sie die Anzeige auch wieder  zurückgezogen und uns am Montag Vormittag vor dem Gericht im Regen stehen lassen. Wir hatten viele Fragen und interessante Dokumente im Gepäck, die wir RWE und Staatsanwaltschaft eigentlich gerne um die Ohren gehauen hätten … z.B., wie mensch überhaupt auf so kreative Ideen kommt, die ‚rechtmäßigen‘ Bewohner:innen eines Hauses wegen Haufriedensbruch anzuklagen. Und dann auch noch ohne einen einzigen Beweis dafür? Ein wenig nassforsch, wie? Aber dieser schlechten Karten waren sie sich offensichtlich auch selber bewusst und die Motivation, sich von uns in Anwesenheit der Presse durch die Manege ziehen zulassen, wird sich in Grenzen gehalten haben … Kneifen war dann wohl auch einfach die beste verbliebene Option mit dem geringsten PR-Schaden. Der Deutschen Presseagentur (dpa) gegenüber begründete RWE den Rückzug auf Anfrage mit dem Statement, man wolle „die Situation damit weiter befrieden“ … lol. Das war ihnen dann sogar die Kostenübernahme des Verfahrens wert, welchses bei einem Strafverfahren ja sonst der Staat (oder bei einem Schuldspruch Tomaydo selbst) spendiert hätte …