Kurz vor Ende der Aktion – Kesselung mit Polizeigewalt

Bei Ende Gelände 2019 hatte der Grüne Finger es auf die Gleise geschafft und war seit über 40 Stunden dort. Etwa eine Stunde vor geplantem Ende der Aktion um 10 Uhr am Sonntag (23.6.2019) kesselte die Polizei entgegen einer vorherigen Absprache die Blockade auf Anweisung der Staatsanwaltschaft und verlängerte sie so um mehrere Stunden. Eine Kesselung ist eine typisch deutsche Polizeitaktik, bei welcher die Polizei sich um eine Gruppe von Personen stellt und diese nicht mehr herauslässt. Beschrieben wird die Situation bei Entstehen dieses Kessel und die durch die Polizei dabei genutzte physische Gewalt.

Es war so etwa halb 10 und wir machten uns fertig, um wie geplant um 10 Uhr die Gleise zu verlassen. Ich wollte nur noch kurz aus dem Gleisbett hoch über die Anhöhe, wo es Wasser gab, um meine Wasserbehälter aufzufüllen. Auf dem Weg auf der Anhöhe, standen vor mir Personen, die von der Polizei nicht durchgelassen wurden. Eine Person darunter war verletzt und weinte und wurde von einer anderen Person begleitet. Sie wurden trotzdem nicht durchgelassen. Dann sah ich wie aggressive Polizisten rechts von mir eine Person zu Boden brachten, auf ihn drückten und ihm Schmerzen zufügten. Einige Personen, darunter ich, protestierten dagegen, indem wir laut riefen. Ich warf währenddessen meine zwei Wasserbehälter weg ins Gebüsch. Ich hatte also nichts mehr in der Hand. Andere total aufgeladene Polizisten stellten sich davor, bedrohten uns und riefen, wir sollten runter gehen. Ich sagte, sie sollen ihm nicht weh tun und ihn loslassen, dann würden wir runtergehen.
Die Polizisten schubsten Leute runter. Sie nahm ihr Pfefferspray in die Hand, aber sprühten meines Wissens nicht. Ich hatte Angst vor dem Pfefferspray, konnte aber auch nicht gehen. Ein Polizist schubste mich und forderte mich auf, weg zu gehen. Ich wiederholte das, was ich sagte und blieb dabei stehen. Er sagte es noch mal und trat mich dann mit einem Frontkick von der halben Anhöhe runter ins Gleisbett. Die Höhe kann ich nicht genau einschätzen, aber auf dem Video ist zu sehen, wie ich schräg weg fliege und wie tief ich falle. Insbesondere wegen der Steine und sonstigen Dinge, die im Gleisbett lagen und auf die ich z.B. mit dem Kopf hätte fallen können, bestand eine große Gefahr!
Ich stellte eine Wunde am rechten Ellenbogen fest. Während ich da lag, wurde ich von lieben Menschen gefragt, ob ich okay bin und sie halfen mir auf. Hinter mir hatten sich Menschen mit einem Transparent versammelt und halfen mir, dahinter zu kommen, um mich vor den nun unten stehenden Polizisten zu schützen. Diese waren noch aggressiver geworden und schlugen auf Leute ein. In meine Richtung z.B. boxte ein Polizist mehrmals, traf aber nur das Transpi. Menschen, die noch oben waren und von den Polizisten dort mit Gewalt ins Gleisbett heruntergedrängt wurden, wurden von den unten wütenden Polizisten gewalttätig weiterbehandelt. Einem von ihnen boxte ein Polizist direkt ins Gesicht und brachte ihn zu Boden. Wir halfen ihm auf und hinter das Transpi. Der Schlag sah sehr brutal aus. Ein Sanimensch bot uns Hilfe an. Kurz danach entfernte ich mich von dort. Ich erfuhr, dass wir nun eingekesselt sind und deshalb nicht ans Wasser gelassen wurden.

Erst zu Hause habe ich diverse Prellungen und schmerzende Stellen festgestellt, mehr als ich anfangs dachte. Vor allem war es lebensgefährdend, einen Menschen aus der Höhe mit so einem Kick auf eine steinige Fläche zu werfen. Die Brutalität der Polizei mir und den anderen gegenüber und ihre Leichtfertigkeit beeinträchtigt mich auch immer noch psychisch. Es hilft mir aber, dass es Dokumentationen und Videos von solchen Vorfällen gibt, welche der Öffentlichkeit gegenüber das Verhalten der Polizei entlarven können.

Es gibt ein Video von der Situation (Link zu YouTube), bei 0:56 ist oben beim Baum der erste Schubser zu sehen, etwa bei 1:00 der Tritt gegen die Person mit weinrotem T-Shirt, bei dem sie aus dem Bild getreten wird.