Newsletter #24: Wer nötigt hier wen?

Wir haben im März einen neuen Newsletter herausgebracht, diesmal geht es im Schwerpunkt um den Vorwurf der Nötigung, der vielen Klimagerechtigkeitsaktivist*innen gemacht wird. Die Rechtsprechung zu diesem Paragrafen hat sich in den letzten Jahren verschärft – Grund genug da mal einen Blick darauf zu werfen.

Außerdem trudeln nach der Lüterzath-Räumung trudeln jetzt die ersten Verhandlungstermine ein, das Hafturteil gegen ein*e BlockNeurath-Aktivist*in wurde aufgehoben und auch sonst gibt es jede Menge Prozesse, von denen wir vermutlich nur einen Bruchteil thematisieren können.

Lest hier selbst: Newsletter # 24 (pdf)

Block Neurath: „Ciao Grevenbroich!“

Banner über dem Markplatz "Der Klimawandel verhandelt nicht - wir auch nicht mehr - Ciao Grevenbroich", unten drunter sitzen Menschen im Eiscafé, einige stehen herum.

Nach zwei weiteren Verhandlungstagen und einer Kletteraktion zum Abschluss ist nun auch der Prozess gegen die dritte Angeklagte in Grevenbroich zu Ende gegangen. Wie erwartet gab es das gleich lautende Urteil wie bei den anderen beiden zuvor auf 9 Monate Haft ohne Bewährung, obwohl das erste dieser Urteile bereits vom Landgericht kassiert wurde.
Der fünfte Verhandlungstag am 19.3.24 verlief unspektakulär, mal wieder ohne Anwältin. Zu Anfang wurde gerügt, dass die Termine nicht mit der Verteidigung abgesprochen wurden und so die Rechte wieder beschnitten wurden.

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Alles in der Regel meist wahrscheinlich auch etwa so

Es sind so Tage wie dieser, an denen sich am Ende vermutlich 100 % aller Beteiligten fragen, was das nun sollte. Das 3. Strafverfahren in Grevenbroich vor dem Amtsgericht wegen #blockneurath ist im Grunde eine Farce: Alle wissen, was rauskommen wird, allen Beteiligten ist klar, dass das Urteil mit einer Berufung angegriffen werden wird. Wie immer, werden am Einlass die Ausweise aller Zuschauer*innen kopiert. Die Richterin ist, falls das überhaupt noch möglich war, noch weniger an einer Aufklärung des Sachverhalts interessiert als in den vorherigen Verfahren. Die Videos laufen wie auch schon in den Verhandlungen zuvor wegen Problemen mit den Dateien nicht oder nicht komplett. Und der Richterin ist (obwohl sie absehbar zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilen wird) weiterhin vollkommen egal, dass die Anwältin der Angeklagten auch an diesem Verhandlungstermin nicht konnte, weil sie andere Verhandlungen hatte.

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Prozesse in Kerpen: Gegenangriff für das Gute Leben

Zwei schwarz vermummte Menschen recken die Fäuste in die Höhe, oben drüber steht "Gegenangriff für das gute Leben", unten rechts ist ein gelbes X, daneben steht "Kommt zur solidarischen Prozessbegelieutng 25.3. 9.15 Uhr AG Kerpen, 11.4. 10.30 Uhr AG Kerpen, 19.4. 9.30 Uhr AG KerpenAchtung: Die Prozesstermine am 25.3. und 11.4. wurden verschoben!

Die ersten Prozesse rund um die Räumung von Lützerath im letzten Winter gehen los. Angeklagt sind mehrere Aktivist*innen wegen Hausfriedensbruch im Tagebau Hambach. Ihnen wird vorgeworfen am 16.1.2023 einen Braunkohlebagger für mehrere Stunden besetzt zu haben. Lasst sie nicht allein und kommt zu den Prozessen in Kerpen am 25.3.24 um 9:15, am 11.4.24 um 9:30 und am 19.4.24 um 9:30 Uhr, am 25.04.24 um 9:15 Uhr und am 20.06.! Denn Solidarität ist unsere Waffe und vor Gericht stehen ist nur halb so schlimm wenn Mensch nicht alleine ist!

Block Neurath: Wieder eine Zeugin im Auto – und Postkarten gegen Knäste

Postkarten statt Repression - solidarische Prozessbegleitung und Briefe schreiben an Gefangene - #BlockNeurath - Im Hintergurnd Tauben, Briefe und ein Knast, schwarz auf blauem HintergrundDer Prozesstag am Montag begann mit einer gewissen Anspannung, schließlich waren beide Verteidiger*innen der Angeklagten nicht da – Richterin Dr. Zieschang hatte den Termin festgelegt und sämtliche angebotenen Termine der Verteidigung ignoriert. So verfuhr sie auch heute wieder am Ende des Prozesses – Fortsetzungstermine wurden festgelegt auf den Mo, 4., Di, 19. und Mo, 25. März 2024 – jeweils um 11 Uhr ohne die Angeklagte dazu auch nur zu Wort kommen zu lassen.

Aber zurück zum Anfang: Draußen vor dem Gericht wurde die Mahnwache aufgebaut, diesmal wurden dort Postkarten an Gefangene geschrieben. Drinnen hatten sich erneut einige dem Gericht wohl bekanntere Personen Plätze vorreserviert, während die Wartenden, die eine dreiviertelstunde vor Beginn der Verhandlung erschienen waren, noch nicht eingelassen wurden – kein Problem für die Richterin. Die Angeklagte hatte im Vorfeld den Antrag auf Zulassung einer weiteren Wahlverteidigung gestellt, der jedoch nicht vor Prozessbeginn entschieden wurde. Die Richterin fragte nach Vorstrafen der Person, wozu diese keine Angaben machte. Es folgte der Hinweis, dass die Genehmigung zurück genommen werden könne, sollten sich im Nachhinein Vorstrafen herausstellen – und die Verteidigung wurde zugelassen Weiterlesen

Lützerath: Repressionen seit der Räumung

Seit der Räumung vor einem Jahr gab es mehrere Repressionswellen wegen Lützerath.
Einigen Menschen wird vorgeworfen, während der Großdemo randaliert zu haben, eine weitere größere Gruppe wird beschuldigt, sich geschlossen auf Lützi zubewegt zu haben gegen den Willen der Cops.

👀 Die angeblichen Straftaten sind vor allem Widerstand, tätlicher Angriff und Landfriedensbruch. Vereinzelt gibt es auch  Vorladungen wegen „Aufruf zu Straftaten“.

👮 Die allermeisten Vorwürfe beziehen sich auf Rangeleien mit Team Blau, nur die wenigsten auf tatsächliche Räumungen aus Häuschen oder RWE-Besitzansprüchen.

⚖️ Es gibt bisher kaum Gerichtstermine, aber noch ausstehende Prozesse wegen Dingen die vor der Räumung passiert sind. Stay tuned!

🫂Wenn ihr selbst betroffen seid, meldet euch gerne bei der Antirepressionsgruppe Rheinisches Revier (antirrr[ät]riseup.net, pgp-key) für Beratung, Support, Austausch oder einfach zur Info, damit wir den Überblick behalten können.

🕸 Es gibt regelmäßig Online-Vernetzungstreffen für Betroffene!

📬 Generell gilt: Es ist ratsam, auf Briefe von der Polizei (z.B. „Anhörungsbogen“) nicht zu reagieren.
Bei Briefen in gelben Umschlägen müsst ihr meist reagieren, lest euch das durch, meldet euch und legt im Zweifel erst mal Einspruch ein. Als beschuldigte Person habt ihr das Recht auf Aussageverweigerung! Alles was ihr sagt, kann euch oder anderen schaden. Weitere Tipps, Infos und kommende Termine findet ihr hierauf unserer Website.

💰Repressionen kosten Geld und der Kampf dagegen auch! Spendet gerne für unseren Solitopf.

Block Neurath: Gerichte sind zum Essen da – RWE-Zeuge hat Angst bei Aktionsoptimierung zu helfen

geschnitte Zwiebeln auf einem Brett, geschnitte Möhren in einem TopfDer zweite Prozesstag unter dem Motto „Gerichte sind zum Essen da“ startet damit, dass die Cops nochmal wegen den Messern Stress machen, bevor die Küfacrew überhaupt angefangen hat zu schnibbeln. Auflage war auf einmal, das als Besteck (und auch zum Schneiden des Gemüses) nun nur noch Plastikmesser erlaubt sein sollen. Am Ende ist das Gemüse auf zauberhafteweise dann doch geschnitten…

Derweil drinnen im Gerichtsaal: Die Verteidigerin der Angeklagten beantragt, als Pflichtverteidigerin beigeordnet zu werden, was die Staatsanwältin nicht für notwendig erachtet und auch die Richterin weist dann nach einer kurzen Bedenkpause den Antrag zurück, was nicht verwunderlich ist. Verwunderlich ist allerdings die Begründung: Eine Pflichtverteidigung sei nicht notwendig, denn „es handle sich ja hier nicht um eine große Sache“ und auch die Rechtsfolgen seien nicht schwerwiegend. Okay, 9 Monate Haft sollen nicht schwerwiegend sein? Die Zuschauer*innen sind hörbar empört. (Tatsächlich sieht die bisherige Rechtsprechung zu Pflichtverteidigung die Strafen erst ab schwerwiegend an, wenn sie mehr als ein Jahr betragen – was angesichts der zerstörerischen Wirkung von Haftstrafen einiges über die Justiz aussagt – und vermutlich auch gegen europäisches Recht verstößt.) Weiterlesen

Keine Haft für Kohlekraftwerksblockade – und ein paar Gedanken dazu

Im April letzten Jahres hatte das Amtsgericht Grevenbroich eine*n von uns zu einer 9-monatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteiltein Urteil, das in der Klimagerechtigkeitsbewegung für einigen Aufruhr und zumindest nach unserer Wahrnehmung auch für eine durchaus beabsichtige Abschreckung sorgte. Jetzt wurde das Urteil durch das Landgericht Mönchengladbach aufgehoben und relativiert. Wir wollen mit diesem Text ein paar Einschätzungen dazu abgeben und euch ermuntern, weiter aktiv zu sein, auch trotz drohender Repressionen.

Was ist passiert?

Im November 2021 blockierten etliche Aktivist*innen parallel zur COP26 in Glasgow die Schienen zum Kohlekraftwerk Neurath, an insgesamt vier verschiedenen Aktionsorten und mit allerlei unterschiedlichen Ankettvorrichtungen. Viele von ihnen verweigerten die Personalien und verbrachten volle 7 Tage im Gewahrsam der Polizei. Im Anschluss wurden insgesamt vier Personen identifiziert, teils über Personalienangabe, Bekanntheit bei der Polizei und auch über eine Öffentlichkeitsfahndung auf Anweisung der Staatsanwaltschaft, welche in den letzten Jahren immer häufiger eingesetzt wird.

Drei der Verfahren liegen vor dem Amtsgericht Grevenbroich, dort wurden mittlerweile zwei Personen von Richterin Dr. Zieschang zu 9-monatigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Ohne Bewährung, weil sie sich weigerten, sich von der Aktion zu distanzieren. Einer dritten Person steht ein ähnliches Urteil bald bevor, der Prozess hat am 15. Januar begonnen. Eine vierte Person wird vor dem Amtsgericht Bergheim angeklagt, dort wird gerade noch auf den Ausgang eines anderen Verfahrens gewartet. Weiterlesen

Block Neurath hat doch CO2 gespart – selbst laut RWE

Gerichte sind zum Essen da - Küfa und soliarische Porzessbelgeitung - neuer Termin 29.1. 10:39 Uhr mit Küche für alle vor dem Gerichtsgebäude - Block Neurath - im Hintergrund ist das Gerichtsgebäude zu sehen, davor ein Hamster in GefangenenkluftAchtung: Termin am 22.1. fällt aus, nächster erst am 29.1.!
Am 15.1. startete der Prozess gegen die dritte angeklagte Person wegen der Blockadeaktion am Kraftwerk Neurath im November 2021 parallel zur COP 26 in Glasgow.

Zu Anfang der Verhandlung zeigt sich die Richterin Dr. Zieschang überraschend entspannt – lässt zwei weitere Stühle für Zuschauer*innen im Saal aufstellen, erlaubt auf den Pressesitzplätzen zu sitzen und wartet bis alle im Raum sind. Doch dieser Moment währt nur kurz.

Der Prozess startet mit einer Beanstandung der Verteidigung gegen den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts, der besagt, dass Frau Dr. Zieschang auch in diesem Verfahren den Vorsitz führt und automatisch alle Verfahren mit Anklageschrift ihr zuordnet. Das AG Grevenbroich manipuliert somit die Geschäftsverteilung der Richter*innen. Dies interessiert natürlich nicht und so folgt ein Befangenheitsantrag: Frau Doktor hatte in den ersten beiden Verfahren zwei Aktivist*innen bereits zu Haftstrafen à neun Monaten ohne Bewährung verurteilt, in Urteilen mit fast wortgleichem Inhalt. Ihre Voreingenommenheit ist offensichtlich und es ist, so die Verteidigung, auch hier davon auszugehen, dass sie auch diese Angeklagte verurteilen wird und sie nicht mit einem fairen Prozess rechnen kann. (Falls es sowas in einem politischen Verfahren überhaupt geben kann?) Weiterlesen