Prozessbericht. Gegen die dritte Angeklagte im Kontext der Blockade des Kohlekraftwerks Neurath im Jahr 2021 begann der Prozess heute erneut am Landgericht Mönchengladbach – nach einer längeren Auseinandersetzung um die Einlasskontrollen. Pünktlich vorm Gericht angekommen stellten sich Verteidiger*innen, Angeklagte und Zuschauer*innen in die Schlange zum Einlass. Doch es sollten keine „größeren“ Taschen und Rucksäcke mit rein genommen werden, hatte der Gerichtspräsident beschlossen. Die Angeklagte, mit Reiserucksack in der Kontrolle fragte: „Und wo soll ich den Rucksack dann lassen?“ „Draußen im Auto“ meinte eine Justizwachtmeisterin – „Ich habe keins und die Anreise nach hier ist nicht ohne Übernachtung möglich“. Da nun aber die Angeklagte wohl nicht so leicht wieder herausgeworfen werden konnten, klärten Anwalt, Richter und Justizwachtmeister*innen in den nächsten 20 Minuten ab, dass der Rucksack der Angeklagten doch vorm Gerichtssaal bleiben konnte – alle anderen Rucksäcke jedoch nicht. Weiterlesen
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BlockNeurath: wieder ein Prozesswinter
Nach einem ruhigen Sommer gehts aufregend weiter in der BlockNeurath Berufung am Landgericht Mönchengladbach und im Begleitaktionnachfolgeverfahren. Kommt rum, seid solidarisch!
Die Termine
- Landgericht Mönchengladbach: Ab 31.10. jeden Freitag um 9.15 Uhr (07.11., 14.11., 21.11, 28.11.) – Berufungsverfahren BlockNeurath
- Amtsgericht Grevenbroich: 20.11. (Widerstandsverfahren wegen Begleitaktion)
Kontext
Lang, lang ist’s her. Nov 2021. Lützerath gab’s noch. Da haben einige Menschen in einer ausgeklügelten PhasenBlockade sehr erfolgreich die Kohleversorgung des Braunkohlekraftwerks Neurath abgeschnitten. Kohleaustieg sofort!
Viele konnten weiterer Repression entgehen. Vier Aktivist*innen schlagen sich seit drei Jahren mit der Strafverfolgung rum: Weiterlesen
Freispruch vom Landgericht nach Baggerbesetzung
Pressemitteilung der Prozessgruppe. Am Morgen des 01.08.2025 kam es zur Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Köln. Angeklagt war ein Klimaaktivist, dem die Staatsanwaltschaft vorwarf, im Januar 2023 – während der Räumung Lützeraths – in den Tagebau Hambach eingedrungen zu sein. Er solle gemeinsam mit sieben anderen Aktivist:innen auf einen der 60 Meter großen Schaufelbagger geklettert sein, um von dort auf die Zerstörung des Weltklimas durch die RWE Power AG und die deutsche Energiepolitik aufmerksam zu machen. Dabei habe es sich nach der Auffassung der Ankläger um Hausfriedensbruch gehandelt.
Das Amtsgericht Kerpen hatte den 28-Jährigen bereits letztes Jahr freigesprochen. Der Tagebau sei nicht hinreichend umfriedet gewesen; von einem widerrechtlichen Eindringen auf ein umfriedetes Besitztum könne man deshalb nicht ausgehen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil kam nun es zu einer neuen Verhandlung vor dem Landgericht, doch auch dieses Gericht schloss sich den Argumenten der Verteidiger an.
„Der Freispruch freut uns, auch wenn er nicht unerwartet kam.“ meint Simon Hänschl, einer der beiden Verteidiger. „Ein anderes Urteil wäre kaum vertretbar gewesen.“
Dennoch zeigte sich der Angeklagte unzufrieden. „Es ist absurd, dass wir diese Prozesse führen müssen. Strafverfolgung muss ein Ende finden, wenn die Gesellschaft sich bessern will.“
Die vorsitzende Richterin bezeichnete den Schuldspruch im Parallel-Verfahren gegen einen der anderen Aktivisten als „handwerklich keinen großen Wurf in der Rechtsgeschichte“ – Juristendeutsch für schlechte Arbeit. Die Verurteilung dort ist noch nicht rechtskräftig. Erneut wird das Landgericht Köln entscheiden müssen.
Köln: Solidarische Prozessbegleitung
Während der Räumung von Lützerath wurde im Tagebau Hambach ein Bagger besetzt.
⚖️ Im letzten Jahr standen deswegen mehrere Aktivist*innen am Amtsgericht Kerpen vor Gericht. In der gleichen Sache gab es sowohl Verurteilungen als auch einen Freispruch. Soviel zu der Objektivität von Gerichten.
📣 Nun geht es diesen Spätsommer am Landgericht in die zweite Instanz.
📆 Voraussichtliche Termine sind der
1. August um 9 Uhr
26. September um 9 Uhr
13. Oktober um 9:30 Uhr
jeweils am Landgericht in Köln.
Kurzfristige Änderungen findet ihr hier im Beitrag.
🤗 Wir freuen uns über eine solidarische Prozessbegleitung.
ℹ️ Denkt immer daran: Ihr seid nicht allein mit den Repressionen. Bleibt in Kontakt mit euren Bezugis und meldet euch bei antirrr[ät]riseup.net, wenn ihr Post bekommt oder Gerichtstermine anstehen.
Newsletter #27 zu Polizeidatenbanken
Anfang Mai haben wir mal wieder einen neuen Newsletter verschickt, diesmal geht es um Polizeidatenbanken – und natürlich gibt es auch wieder allerhand Updates aus der Welt der Gerichte.
Weiterlesen: news-27-de | news-27-en
Solidarische Prozess-Begleitung am 07. Mai
Im Januar 2024 trafen sich Menschen am Friedhof Holzweiler, um der Zerstörung Lützeraths zu gedenken. Rahmen hierfür war ein Gedenkgottesdienst mit dem bekannten gelben Holzkreuz.
Jetzt wird eine Teilnehmerin angeklagt, gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Dabei stellt die Staatsanwaltschaft nicht den religiösen Charakter des Treffens in Frage, sondern unterwirft ein unbestritten religiöses Treffen den Bestimmungen des Versammlungsrechts – obwohl diese im Bundesgesetz explizit ausgenommen sind.Der Kreuzweg für die Schöpfung von Lützerath nach Büchel schreibt dazu in einer Pressemitteilung: „Das Recht, sich religös-politisch zu äußern, öffentlich Zeugnis abzulegen für die eigene, innerste Überzeugung soll mit der Anklage der
Staatsanwaltschaft eingeschränkt, behindert, genommen werden.“
Der Prozess ist öffentlich und die Angeklagte freut sich über solidarischen Support.
07. Mai um 13 Uhr, Amtsgericht Erkelenz
BlockNeurath: 1,2 Mio. Euro? Pustekuchen!
Folgende Mitteilung der BlockNeurath-Angeklagten veröffentlichen wir hier:
Wir sind vier Aktivist*innen, denen nachgesagt wird an der Blockade des Braunkohlekraftwerks Neurath 2021 beteiligt gewesen zu sein.
Jetzt versucht der Scheißkonzern RWE uns mit einer Schadenersatzforderung von 1,2 Mio. Euro einzuschüchtern. Aber Pustekuchen!
Das Kraftwerk Neurath war damals eine der größten Umweltsünden Europas und treibt bis heute die Klimakatastrophe an. Durch die Klage bestätigt der Konzern: Die Blockade der Braunkohlezufuhr zum Kohlekraftwerk war genau richtig um den kapitalistischen und neoliberalen Interessen RWEs entgegenzuwirken und dadurch den Schaden an unser alle Lebensgrundlagen zu mindern!
Unsere Klageerwiderung: Liebe RWE, gerne sind wir euch der Dorn im Auge und das Salz in der Wunde. Auf weitere Jahre in Feindschaft!
Nach zwei Jahren der strafrechtlichen Verfolgung durch den Staat ist uns die Masche der Einschüchterung nicht gerade fremd. Da reicht ihnen das erstinstanzliche Skandalurteil von neun Monaten Haft scheinbar nicht aus, RWE legt mit der Millionenklage noch einen drauf. Sie wissen genau, dass wir diese Summe nicht haben. Also bedeutet das jetzt 1,2 Mio. Euro Schulden?
Nicht so schnell! Die Klage ist noch lange nicht entschieden!
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Prozessbericht Mönch von Lützerath
Erster Prozesstag
Am 22.01. und 05.02.2025 stand der „Mönch von Lützerath“ vor dem Amtsgericht Erkelenz. Der Vorwurf gegen L.: Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen (das aus dem Video berühmte Schubsen sowie ein gestelltes Bein), in einem Fall mit Körperverletzung.
Vorgeschichte: Die Bild veröffentlichte Anfang 2024 einen Artikel, laut dem L. (unter Nennung seiner persönlichen Daten!) als „Mönch von Lützerath“ identifiziert sei. Daraufhin wagte L. die Flucht nach vorne und erzählte dies in einem Interview mit dem Stern. Später erfuhr er, dass ohne das Interview das Verfahren gegen ihn eingestellt worden wäre. Im Prozess bleibt die Frage offen, wie diese sensiblen Informationen aus den Ermittlungen an die Bild gelangt waren. Weiterlesen
Mönch von Lützerath vor Gericht
Beim ersten Prozesstag gegen den Mönch von Lützerath (wer hat sich nicht über die Bilder der Cops im Matsch gefreut?) gab es viel Medienrummel, nach Verlesen einer Prozesserklärung wurde der Prozess dann vertagt. Weiter geht es am 5.2.2025 um 9 Uhr in Saal A100 vor dem Landgericht Mönchengladbach (wegen dem großen öffentlichen Interesse ist das Amtsgericht in Erkelenz zu klein).
Hier dokumentieren wir die Prozesserklärung:
Sehr geehrter Herr Richter,Ich stehe hier vor Ihnen, um mich dem Vorwurf zu stellen, der Mönch von Lützerath zu sein.Aber wie soll man auf eine Polizei- und Justizinstitution reagieren, die 270 Verfahren gegen Personen eingeleitet hat, die an diesem Tag zum Demonstrieren gekommen waren (600 seit Beginn des Widerstandes in diesem Dorf)? Und kein einziges gegen Polizisten, das wirklich zu einer Verurteilung führte? Diese Polizisten, die das Gesetz vertreten, jedoch nicht den Mut haben, vor der Justiz die Verantwortung zu übernehmen und zu sagen: „Ich habe mit meinem Schlagstock auf einen Schädel eingeschlagen“.
BlockNeurath: Wir Sündigen weiter gegen RWE und andere fossile Konzerne – absurden Gerichtsurteilen und anderen Repressionen zum Trotz!
Der letzte Verhandlungstag des zweiten Berufungsprozess startete am frühen Morgen mit einer Kletteraktion: noch bevor die Cops zum „Bewachen“ der Mahnwache am Start waren, kletterten zwei Menschen in die hohen Bäume auf der anderen Straßenseite gegenüber des Landgerichts und hissten ein Transpi mit der Aufschrift: „SÜNDIgen gegen RWE, Besetzen, sabotieren, freisprechen!“
Das Banner und die Menschen in den Bäumen waren vom Gericht aus gut sichtbar und so bekam die Soliaktion für die Menschen der Waldbesetzung im Sündi (oder Sündenwäldchen, ein Teil des Hambacher Walds, das noch im Januar von RWE gerodet werden soll) und die Angeklagte viel Aufmerksamkeit von Gerichtsbesucher*innen und sonstigen Passant*innen.
Im Gericht ging’s dann los mit noch ein paar Beweisanträgen, die am letzten Verhandlungstag abgelehnt worden waren und nun nochmal, überarbeitet, gestellt wurden. Natürlich wurden sie alle, nach einer vergleichsweise langen Unterbrechung vom Gerichtabgewiesen. Danach wurde die Beweisausnahme geschlossen. Weiterlesen