Block Neurath hat doch CO2 gespart – selbst laut RWE

Gerichte sind zum Essen da - Küfa und soliarische Porzessbelgeitung - neuer Termin 29.1. 10:39 Uhr mit Küche für alle vor dem Gerichtsgebäude - Block Neurath - im Hintergrund ist das Gerichtsgebäude zu sehen, davor ein Hamster in GefangenenkluftAchtung: Termin am 22.1. fällt aus, nächster erst am 29.1.!
Am 15.1. startete der Prozess gegen die dritte angeklagte Person wegen der Blockadeaktion am Kraftwerk Neurath im November 2021 parallel zur COP 26 in Glasgow.

Zu Anfang der Verhandlung zeigt sich die Richterin Dr. Zieschang überraschend entspannt – lässt zwei weitere Stühle für Zuschauer*innen im Saal aufstellen, erlaubt auf den Pressesitzplätzen zu sitzen und wartet bis alle im Raum sind. Doch dieser Moment währt nur kurz.

Der Prozess startet mit einer Beanstandung der Verteidigung gegen den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts, der besagt, dass Frau Dr. Zieschang auch in diesem Verfahren den Vorsitz führt und automatisch alle Verfahren mit Anklageschrift ihr zuordnet. Das AG Grevenbroich manipuliert somit die Geschäftsverteilung der Richter*innen. Dies interessiert natürlich nicht und so folgt ein Befangenheitsantrag: Frau Doktor hatte in den ersten beiden Verfahren zwei Aktivist*innen bereits zu Haftstrafen à neun Monaten ohne Bewährung verurteilt, in Urteilen mit fast wortgleichem Inhalt. Ihre Voreingenommenheit ist offensichtlich und es ist, so die Verteidigung, auch hier davon auszugehen, dass sie auch diese Angeklagte verurteilen wird und sie nicht mit einem fairen Prozess rechnen kann. (Falls es sowas in einem politischen Verfahren überhaupt geben kann?)

Der anschließende Antrag auf Aussetzung des Verfahrens und Nicht-Verlesung der Anklageschrift wird umgehend abgelehnt.

In ihrer Einlassung kritisiert die Angeklagte, dass sich das Gericht bisher nicht mit der Klimakrise auseinandergesetzt hat, im letzten Verfahren wurden alle Beweisanträge, die sich darauf bezogen haben, der Öffentlichkeit vorenthalten und das so genannte Selbstleseverfahren angeordnet. Da dies hier auch vorauszusehen ist, ist das Statement dementsprechend lang: Sie erinnert an die Zerstörungen durch die  Klimakatastrophe im vergangenen Jahr in Europa, aber vor allem auch im globalen Süden, die unzureichenden Klimaziele der Bundesregierung die sowieso nicht mit dem 1,5 Grad Ziel konform gehen und zudem immer wieder gebrochen werden, und die Zerstörung Lützeraths vor genau einem Jahr. Dies alles zeigt: Wir können uns nicht auf die Regierung und die Parteien verlassen. Wer in die Politik geht, passt sich zwangsläufig an und verrät die eigenen Positionen, aus vermeintlichen Notwendigkeiten. Die Geschichte hat gezeigt, dass auch militantere Protestformen immer wieder notwendig sind, um Veränderung zu bewirken, da die Herrschenden ihre Macht nie von selbst abgeben. Deshalb müssen wir auch den Kohleausstieg selbst in die Hand nehmen, durch direkte Aktionen, wie zum Beispiel Block Neurath oder vielleicht in Zukunft sogar besser Kohlekraftwerke nicht nur zu blockieren, sondern gleich ganz zu zerstören nach dem Motto: Macht kaputt was euch kaputt macht. Fest steht, dass durch die Aktion und die verhinderten Emissionen erhebliche Kosten für die Gesellschaft eingespart worden sind – mindestens 2 Millionen Euro, was durch die Gutachten von sachverständigen Wissenschaftler*innen bewiesen werden könnte. Wir lehnen das System ab, dass den Reichtum von wenigen durch Ausbeutung von Menschen ermöglicht. In anderen Ländern müssen Klimaaktivistinnen um ihr Leben fürchten, wie z.B. indigene Gemeinschaften in Kolumbien, die gegen die Zerstörung ihres Lebensraums durch den Steinkohletagebau kämpfen. Auch wenn Aktivist*innen in Europa gegen Repressionen ankämpfen müssen, sind wir doch vergleichsweise zu privilegiert um nichts zu tun. Aufgeben und sich den Repressionen zu beugen und von Staat und RWE einschüchtert zu lassen sei deshalb keine Option. Stattdessen bleiben Aktionen wie BlockNeurath auch in Zukunft notwendig.

Dies alles interessierte das Gericht natürlich nicht, dementsprechend desinteressiert blätterte die Richterin während der Einlassung in Akten und Strafgesetzbüchern, wofür sie noch währenddessen eine Rüge von der Verteidigung kassierte, die sie mit den Worten: „Manche Menschen können ja mehrere Sachen gleichzeitig machen“ und „es wird ja eh nochmal schriftlich eingereicht“ kommentierte.

Mit deutlichen Worten kritisiert die Verteidigerin das ignorante Verhalten der Richterin:  „Ich finde ihr Verhalten wirklich krass“, sagt sie, worauf Frau Dr. den Saal räumen lässt, da sie zuerst nicht öffentlich erklären möchte, dass sie sich von der Verteidigerin angegriffen fühlt. Der Befangenheitsantrag wird ergänzt und die Richterin nochmal daraufhingewiesen, dass es ja auch berechtigte Möglichkeiten in der Strafprozessordnung gäbe die Richtenden erlaube sich selbst zuzugestehen befangen zu sein.

Danach wird ein Zeuge vernommen, Dr. Dirk Adolph, RWE Mitarbeiter aus Essen, hat den Schaden in einer „einfachen Bierdeckelrechnung“ ermittelt,  der RWE angeblich entstanden ist und sagt nun schon zum vierten Mail in der gleichen Sache aus. Klar, dass da trotz dem top Briefing durch die RWE Rechtsabteilung mal hier und da Ungereimtheiten aufkommen können.

So behauptet er zuerst nicht zu wissen woher der Ersatzstrom, der auf Grund der Blockade zugekauft werden musste, kommt, um dann später zu behaupten, dass es sich wohl um Steinkohlestrom gehandelt habe. Letzten Endes konnte er aber auch Gas und erneuerbare Energien nicht wirklich ausschließen.

Auf Nachfrage der Angeklagten räumte er ein, das erneuerbare Energien abgeschaltet werden, wenn fossile Großkraftwerke zu viel Strom produzieren, eine Tatsache die er in den vorherigen Vernehmungen vehement verneint hatte. Auch gibt er im Laufe der Befragung zu, dass die Aktion wohl doch etwas Co2 eingespart hätte (nur 4000t seiner Ansicht nach), auch das hatte er zuvor abgestritten und sogar behauptet die Blockade hätte zu Mehremissionen geführt.

Immer wieder greifen sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Richterin ein und beanstanden die Fragen der Verteidigung. Es gehe hier nicht um Politik. Nur der Zeuge darf weiter seine RWE Propaganda verbreiten, zu der er bei jeder Frage erst ausholt bevor er, wenn überhaupt die Frage beantwortet. Ein*e Zuschauer*in kann den Mist des RWE Mitarbeiters nicht mehr aushalten, widerspricht lautstark und wird darauf aus dem Saal geworfen.

Nach knapp 2 Stunden Vernehmung wird der Zeuge entlassen und es folgt eine Stellungnahme der Verteidigung in der gezeigt wird, dass ein auf diese Aktion übertragbares Gutachten des Instituts der Universität Flensburg errechnet hat, dass der gesellschaftliche Nutzen der Blockade nicht berücksichtigt wurde und RWE wenn überhaupt durch die Blockade eine Gewinnminderung erfahren hat. Außerdem stellt die Angeklagte einen Beweisantrag zur Abriegelung von erneuerbaren Energien durch die fossilen Großkraftwerke und weist auf die Unglaubwürdigkeit des Zeugens hin, der zuvor gegenteiliges behauptet hatte, aber heute das Gegenteil gesagt habe.

Daraufhin erklärt die Richterin, dass alle Beweisanträge schriftlich zu stellen seien.

Die Verteidigung erweitert nochmal den bereits gestellten Befangenheitsantrag, weil es keine Begründung für das angeordnete Selbstleseverfahren gab. Die Richterin unterstellt daraufhin der Angeklagten, dass sie nicht zur Wahrheitsfindung beitragen will, sondern an Prozessverschleppung interessiert ist.

Nach knapp vier Stunden geht das Theater zu Ende und die Verhandlung wird vertagt auf den 29.1., wieder um 11 Uhr. Kommt vorbei, denn es wird wieder spannend: Der nächste Zeuge war zum Zeitpunkt der Blockade Kraftwerksleiter in Neurath, es gibt also jede Menge Infos zu der Funktionsweise der Dinger, der Anlieferung von Kohle über die Schienen, Anlaufzeiten der Blöcke etc. Gerne könnt ihr uns eure Fragen an blockieren_schockieren@riseup.net schicken, die euch interessieren und wir werden versuchen diese zu stellen.

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