Block Neurath: Wie funktioniert das Kohlekraftwerk?

Zunächst einmal für eure Terminkalender: Nächste Prozesstermine bei BlockNeurath sind am Fr, 27.10. um 9.30 Uhr am Landgericht Mönchengladbach (Kundgebung ab 8.30 Uhr) und am 30.10. um 10 Uhr beim Amtsgericht Grevenbroich. Kommt gern vorbei und unterstützt die angeklagten Personen!

Am Dienstag ging es weiter vor dem Amtsgericht Grevenbroich beim Prozess gegen I. Am ersten Verhandlungstag war schon vor der Einlassung Schluss, weil es einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin gab, nachdem diese verfügt hatte, dass alle Anträge nur noch schriftlich eingereicht werden dürfen. Also ging es heute weiter mit einem Statement der Angeklagten, in dem sie am Beispiel des Tagebaus Garzweiler darlegte, warum zum Stopp des Tagebaus eben kein Verlass auf rechtsstaatliche Verfahren vor Gerichten ist und eine Partei wie die Grünen im Zweifel für den Machterhalt dann am Ende doch einer Tagebauerweiterung zustimmt, obwohl sie vorher mit dem Gegenteil geworben hatte. Direkte Aktionen dagegen hätten echte Fortschritte erkämpft und soziale Bewegungen seien auch laut Weltklimarat wichtige Motoren für einen Wandel. Danach wurden einige Anträge der Verteidigung eingereicht, in denen es um die Öffentlichkeit des Verfahrens ging – beachtet mit Desinteresse der Richterin Dr. Zieschang, die diese lediglich zu Protokoll nehmen ließ.

Währenddessen wurden auch draußen vor dem Gerichtsgebäude Texte aus dem Prozess verlesen, auch einige welche wegen dem Verbot Anträge zu verlesen drinnen nicht zugelassen waren. So schaffte der Prozess mehr Öffentlichkeit als bei der geringen Anzahl Zuschauer*innenplätze in Grevenbroich sonst möglich.

Rauchendes Kohlekraftwerk, davor Strommasten, im Hintergrund wolkenverhangener HimmelErschienen war dann drinnen nur ein Zeuge von RWE, der damalige Leiter des Kraftwerkbetriebs. Er war dafür verantwortlich, dass einige Blöcke des Kraftwerks gedrosselt und ein anderer später herunter gefahren wurde. Er konnte sich zwar genau an die Uhrzeiten erinnern, an denen er das veranlasst hatte (nach Absprache mit lokalem und zentralem Krisenstab), aber nicht mehr welcher Kollege ihn vertreten hatte, wenn er mal Pause machen musste. Auch in anderen Dingen waren seine Angaben durchaus widersprüchlich, so variierten die Angaben zu der Frage, wie viele Kohlezüge abgewartet wurden um die Blöcke wieder hochzufahren deutlich zwischen den Vernehmungen in beiden Prozessen.
Ganz grundsätzlich ergab sich nach seinen Aussagen folgender Ablauf: Es ist so, dass erst 5 Minuten im Vorfeld vom Lastverteiler die Ansage kommt, ob die Kohlekraftwerksblöcke gedrosselt oder höher gefahren werden sollen, das läuft dann eher automatisiert ab. Aus der Presse war RWE bereits informiert, dass es zu Aktionen kommen könnte (zeitgleich fand in Lützerath ein Unräumbar-Festival statt). Insofern wurden die Kohlebunker voll gefühlt und sich auf so etwas wie Eindringen aufs Kraftwerksgelände oder Einschränkung der Kohlezufuhr vorbereitet. Ab 5.30 waren dann Menschen auf den Schienen – wo wusste er nicht, denn da ist eine andere Abteilung von RWE zuständig. Um 12 Uhr immer noch, da wurde dann die Drosselung von vier Kraftwerksblöcken entschieden. Um 18 Uhr wurde entschieden Block D runterzufahren, um 22.30 waren die Schienen wieder frei. Da die Gleise erst überprüft werden mussten und dann noch einige Kohlezüge für eine Befüllung der Kohlebunker abgewartet wurden, wurden erst ab 4.30 die Blöcke wieder hochgefahren, zum Hochfahren des Blocks D bis in den Vollbetrieb brauchte es dann vier Stunden.
Die neueren 1000 Megawatt-Blöcke (die RWE 2012 als Beitrag zum Klimaschutz verkaufte) waren nicht von der Störung betroffen, weil die durch einen eigenen, zweiten Kohlebunker versorgt werden und dieser so groß ist, dass er die beiden Blöcke über die gesamte Dauer der Blockade mit Kohle versorgen konnte. Technisch können die anderen Blöcke laut Aussage des damaligen Kraftwerksleiters aber nicht aus diesem Kohlebunker versorgt werden.
Gefragt nach den Schadstoffen, welche aus dem Kraftwerk kommen, musste ihm auf die Sprünge geholfen und nach konkreten Abgasen wie Stickstoffoxiden, Feinstaub oder Quecksilber gefragt werden. Mengen konnte er nicht nennen, auch wenn er wusste, dass das Kraftwerk immer wieder nachgerüstet werden musste, weil die Grenzwerte verschärft worden waren – so sauber kann das Kohlekraftwerk dann wohl nicht sein.

Darum, eine Stellungnahme zu dem Zeugen verlesen zu dürfen, musste die Angeklagte dann erst kämpfen. Sie hielt es für nötig, die konkreten Abgaswerte nachzuliefern, die der Zeuge nicht benennen konnte – die Richterin wollte das erst nicht, sah dann aber doch ein, dass es schneller ginge die Stellungnahme zu verlesen, als sich um das Verlesen der Stellungnahme zu streiten. So gab es noch einige konkrete Informationen.

Im Anschluss wurden dann mehrere Videos gezeigt, auf denen eine Räumung zu sehen war aber keine konkreten Personen außer Polizist*innen zu erkennen waren und ein Foto und ein Video, auf welchem die Richterin meinte, die Angeklagte zu erkennen – auf dem Video wurde aber auf den Schienen im wesentlichen ein Rucksack eingepackt, von der Polizei wieder ausgeleert und dann wieder eingepackt. Es war zu sehen, dass zwei Personen verletzt waren und ein Rettungswagen erst spät kam. Das Video stockte immer wieder auf Grund von technischen Probleme, sodass einzelne Blöcke übersprungen wurden. Nach einer kurzen Stellungnahme der Verteidigung zum Video wurde der Prozess dann auf den Mo, 30.10. um 10 Uhr vertagt. Vermutlich geht es dann weiter mit Zeug*innenvernehmungen – Publikum ist jedenfalls wieder herzlich willkommen!

Am Fr, 27.10. startet parallel dann schon der Berufungsprozess der ersten verurteilten Person E, vor dem Landgericht in Mönchengladbach. Da ist die große Frage, ob das Landgericht bei der außergewöhnlich und absurd hohen Verurteilungen bleiben wird oder am Ende dann doch ein anderes Ergebnis steht. Ab 8.30 Uhr gibt es dort eine Kundgebung vorm Gericht, kommt gern vorbei und zeigt eure Solidarität, auch gern mit eigenen Aktionen!

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