Am Dienstag, den 16.5. ist unser Protestcamp gegen Haft und Kohlekraft in Grevenbroivch zu Ende gegangen. Vier Tage lang haben wir mit bis zu 70 Teilnehmende auf einer Wiese zwischen Erft und einem Wohngebiet gezeltet, um das unsägliche Urteil von neun Monaten Knast für effektiven Klimaschutz in der Stadt zu skandalisieren. Dass das Camp zum Stadtgespräch wurde, lag wohl indirekt doch an dem hübschen Ort, den die Stadt uns zugewiesen hatte, um uns nicht im Stadtpark ertragen zu müssen: Die Anwohner*innen erfuhren erst durch die Zeitung von dem geplanten Camp, einige beschwerten sich, andere fanden unsere Reaktion auf die Repressalien durchaus angemessen, kamen auf einen Kaffee vorbei, brachten Kuchen oder boten an zuhause Pinsel auszuwaschen, mit denen Transpis gemalt worden waren.
Die Polizeipräsenz konnte dagegen wohl keine*r als angemessen bezeichnen. 24 Stunden am Tag langweilten sich die Cops in großen und kleineren Gruppen an allen Ausgängen des Camps und verfolgten Menschen die es verließen. Natürlich nicht zu Fuß, denn die Erfahrung, dass Spaziergänger*innen auf Waldwegen und Radfahrende im Park nur schwer mit dem Auto zu beschatten sind, musste sich erst einstellen.
Am Samstag zogen viele Kleingruppen durch die Stadt, um diese mit Kreide, Straßentheater und allerlei Schabernack auf den am Montag bevorstehenden Beginn des zweiten Prozesses vorzubereiten.
Hier konnte sich die Polizei dann doch mal nützlich machen und säuberte mit Besen und Wasser den Gehweg vor dem Gericht. Abends spielte die Microphone Mafia auf dem Camp.
Am Sonntag gab es Workshops zu Ableismus und Blockadetechniken, eine Lesung über Rojava und ein weiteres Konzert, diesmal rundeten die Gerissenen Saiten den Tag ab.
Am Montag morgen versammelten sich viele Menschen vor dem Gericht um die zweite Angeklagte zu unterstützen. Zunächst machte eine Nachricht auf Twitter die Runde, dass pünktlich zum Prozessbeginn eine Kleingruppe die Kohlebahn besetzt hätte. Auf Nachfragen der Presse wurde auf RWE und Polizei verwiesen, die dazu bestimmt Informationen hätten… diese Quellen scheinen aber auch nicht ergiebig gewesen zu sein, denn die Zeitungen berichteten stattdessen ausführlich über Flummis und Luftballons im Treppenhaus.
Im Gerichtssaal selbst passierte ebenfalls nicht viel: Der Prozess wurde nach einer Dreiviertelstunde vertagt, nachdem der Antrag auf eine beantrage Laienverteidigung nicht entschieden werden konnten, weil das Gericht unbedingt Vorstrafen prüfen wollte, aber unfähig war einen Bundeszentralregisterauszug zeitnah einzuholen.
Daraufhin nahmen wir uns mit Grevenbroichs möglicherweise erster Spontandemo die Straße und zogen laut durch die Innenstadt, mehrfach blockiert von angereisten Chaot*innen in Hundertschaftsuniform, die fanden, der Gehweg sei uns zumutbar. Fanden wir aber nicht, und langsam trat der Lerneffekt ein, dass Demos den Verkehr im Stehen länger beeinträchtigen als im Gehen.
Mit dem Abbau am Montag abend und Dienstag morgen ging unser kleines, aber sehr öffentlichkeitswirksames Camp zuende. Der Stadt Grevenbroich dürfte klar geworden sein, dass sie uns nicht los werden, solange hier skandalöse Urteile und gigantische Emissionen produziert werden. Am 13. Juni sind wir wieder da, wenn der Prozess gegen die dritte Angeklagte beginnt (Prozessbeginn 10 Uhr).