Prozessbericht. Gegen die dritte Angeklagte im Kontext der Blockade des Kohlekraftwerks Neurath im Jahr 2021 begann der Prozess heute erneut am Landgericht Mönchengladbach – nach einer längeren Auseinandersetzung um die Einlasskontrollen. Pünktlich vorm Gericht angekommen stellten sich Verteidiger*innen, Angeklagte und Zuschauer*innen in die Schlange zum Einlass. Doch es sollten keine „größeren“ Taschen und Rucksäcke mit rein genommen werden, hatte der Gerichtspräsident beschlossen. Die Angeklagte, mit Reiserucksack in der Kontrolle fragte: „Und wo soll ich den Rucksack dann lassen?“ „Draußen im Auto“ meinte eine Justizwachtmeisterin – „Ich habe keins und die Anreise nach hier ist nicht ohne Übernachtung möglich“. Da nun aber die Angeklagte wohl nicht so leicht wieder herausgeworfen werden konnten, klärten Anwalt, Richter und Justizwachtmeister*innen in den nächsten 20 Minuten ab, dass der Rucksack der Angeklagten doch vorm Gerichtssaal bleiben konnte – alle anderen Rucksäcke jedoch nicht.
Die Zuschauer*innen wurden dann umfangreich durchsucht, am Haupteingang und vor dem Gerichtssaal intensivst abgetastet. Sie mussten ihre Taschen draußen an der Straße auf einem Stapel vor dem Gebäude lassen, wo sich inzwischen auch eine ellenlange Schlange wütend drängelnder und schimpfender Jurist*innen gebildet hatte. Nachdem der Prozess mit über einer Stunde Verspätung begann, wurde das gleich kritisiert und beantragt, dass auch deren Taschen vorm Gerichtssaal in den vorhandenen Schließfächern verwahrt werden dürfen. Die Einlasskontrollen mit Kopien der Personalausweise wurden von der Verteidigung auch in zwei weiteren Anträgen als unzureichend begründet, einschüchternd und die Öffentlichkeit abschreckend angegangen.
Vom Richter wurde dann noch darauf verwiesen, dass ein Zeuge anders als geplant nicht am 7.11. sondern wegen einer Operation frühestens am 21.11. vernommen werden können. Von der Verteidigung wurde dann angeregt, diesen Zeugen doch überhaupt nicht zu hören und stattdessen einen unabhängigen Sachverständigen, da der Zeuge nicht vor Ort war und nur eine Schadensberechnung gemacht hätte, praktisch also als Sachverständiger aussage, aber gleichzeitig bei RWE angestellt sei, also keinesfalls neutral. Der Richter sicherte zu darüber nachzudenken.
Es folgte ein Antrag zur Herstellung der Aktenvollständigkeit mit Videos der technischen Einheit und einem bei der Ermittlung genutzten Identifizierungsvermerk zur Angeklagten inklusive einer umfangreichen Kritik wie die Staatsanwaltschaft offensichtlich aus mehr als nur Akteninhalten eine Anklageschrift gefertigt hatte. (Finde den Satz zu lang und kompliziert) Der Antrag war vor etwa einem Jahr schon einmal gestellt, aber nicht entschieden worden.
Gekümmert hatte sich der Richter jedoch um das Video aus der Akte, welches nicht mehr abspielbar war. Deshalb hatte er die Akte aus einem bereits abgeschlossenen Parallelverfahren herbeigezogen und dort abspielbare Videos gefunden. Da die Verteidigung diese Videos natürlich erst mal sichten muss und das Gericht über die gestellten Anträge entscheiden wolle, wurde die Verhandlung dann schließlich auf die folgende Woche vertagt ohne auch nur bis zur Verlesung der Vorwürfe zu kommen. Die beiden Polizeizeugen mussten unverrichteter Dinge wieder gehen, was einer nur trocken als „Also alles wie immer?“ kommentierte. Weiter geht es am 7.11. um 9:15 Uhr, geladen sind dann zwei Zeug*innen der Polizei und der ehemalige Kraftwerksleiter.