Am 14.12.2023 fand am Landgericht Mönchengladbach der 4. Verhandlungstag wegen einer Braunkohlekraftwerksblockade im November 2021 statt. Dieser Termin war ein kurzer sogenannter Schiebetermin, der vor allem zur Wahrung der maximalen Unterbrechungs-Frist diente. Die Richterin lehnte an dem Tag einen am vorherigen Verhandlungstag gestellten Beweisantrag ab mit der Begründung, RWE würde keine Schäden in die Höhe treiben, sondern nur seinem Wirtschaftsbetrieb nachgehen. Außerdem führte sie diverse Bilder aus der Akte ins Verfahren ein. Darunter waren einige Fotos von frischen und nicht mehr ganz frischen Verletzungen und ein Foto aus dem Gewahrsam. Außerdem verlas sie das Gutachten eines Arztes, der die Verletzungen nach der Aktion dokumentiert hatte. Nach kaum 10 Minuten wurde die Verhandlung wieder vertagt.
Am 18.12.2023 kam es zum 5. Verhandlungstag. Zu diesem Termin waren erneut zwei Zeugis geladen. Nach den üblichen umfassenden Einlasskontrollen und während draußen vor dem U-Haft-Knast schon Redebeiträge verlesen und Anti-Knast-Mucke gespielt wurde, begann drinnen der Prozess.
Zunächst wurde der Beweissicherungscop von der Technischen Einsatz-Einheit (TEE) vernommen. Er konnte sich an die Geschehnisse auf den Gleisen nur noch sehr bruchstückhaft erinnern: Er habe an dem Tag die Räumungsmaßnahmen gefilmt. Wie das, was er da filmte, genau ausgesehen habe, wisse er allerdings nicht mehr. Auf die Frage, was er mit den Filmaufnahmen gemacht habe, wusste er noch genau, dass er am selben Abend ins Polizeipräsidium Aachen „zitiert“ wurde, um sie dort abzugeben. Das habe er auch getan und vor Ort einen Übergabebeleg gefordert, den aber nicht bekommen. „Und wo sind die Aufnahmen dann jetzt?“, fragte die Richterin ganz verzweifelt. „Ja, das wüsste ich allerdings auch gerne“, wusste er da nur noch zu antworten. Er bekam noch ein paar Videoschnipsel aus anderen Aufnahmen gezeigt, auf denen er sich selbst an seiner Waffe erkannte. An seiner Waffe? Ja, er sei Linkshänder, deshalb trage er die Waffe anders als die meisten anderen auf der linken Seite. Weitere hilfreiche Dinge wusste er nicht zu berichten. Und so bleibt die Frage, ob es vor der Räumung eine Versammlungsauflösung oder eine Belehrung gab, weiterhin ein Mysterium.
Der zweite Zeuge war der Leiter des Bahnverkehrs von RWE. Dieser wusste noch, dass er am frühen Morgen angerufen worden war mit der Information, dass Personen in der Nähe der Kohlebahnschienen gesichtet worden seien. Er habe daraufhin die Gleise gesperrt und damit den Bahnverkehr eingestellt, um sich selbst sicher auf die Gleise begeben zu können und diese nach Unregelmäßigkeiten abzusuchen. Dabei habe er eine Blockade vorgefunden (nicht die, über die verhandelt wird). Es sei außerdem noch eine weitere entdeckt worden (ebenfalls nicht die Verhandlungsgegenständliche), bei der er nach einem Standortwechsel den Rest des Tages verbracht habe. Er habe erfahren, dass es noch weitere Blockadepunkte gab, diese aber nicht selbst gesehen. Auf die Frage der Richterin, ob das Kraftwerk, rein hypothetisch, wenn es die anderen beiden Blockaden nicht gegeben hätte, sondern nur die verfahrensgegenständliche, mit Kohle hätte versorgt werden können, antwortete er: „Ja, man hätte dann eine Umfahrung nehmen müssen, aber das wäre möglich gewesen.“ Auf Nachfrage der Anwältin, ob das aufwändig gewesen wäre: „Nein, gar nicht!“.
Nach der Vernehmung der beiden Zeugen verkündete die Richterin, sie sei jetzt fertig mit ihrer Beweisaufnahme, ob die Anklagebank noch Anträge habe. Ja, hatte sie! Und so stellten die angeklagte Person und ihre beiden Verteidigerinnen die ersten 23 Beweisanträge zu Sanitäter*innen, der Wirksamkeit von verschiedenen Protestformen, der Gesundheits- und Klimaschädlichkeit des Kraftwerks Neurath usw., bis die Richterin Mittagspause machen wollte und die Verhandlung erneut unterbrach. Es wurden drei weitere Verhandlungstage festgesetzt: 02.01.2024, 09:30 Uhr; 12.01.2024, 09:30 Uhr und 19.01.2024, 13:30 Uhr. Ein Urteil wird für den 12. oder den 19.01. erwartet.