Am heutigen Montag, den 20.03.2023, um 8 Uhr soll am Amtsgericht Grevenbroich der fünfte Verhandlungstag wegen einer Schienenblockade am Kraftwerk Neurath im November 2021 gegen eine Person der Klimagerechtigkeitsbewegung stattfinden. Sie selbst und ihre Unterstützer*innen sind jedoch gar nicht vor Ort. Nachdem die Person am vierten Verhandlungstag krankheitsbedingt gefehlt hatte, machte das Gericht in der neuen Ladung deutlich, dass es die Verhandlung auch in Abwesenheit der angeklagten Person zu Ende bringen werde. Für uns ist daher klar: Es ist egal, ob wir anwesend sind oder nicht, verurteilt werden wir sowieso. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Folgen, die die Braunkohleverbrennung für die Menschen in der Region, aber auch für das Weltklima und damit auch für Menschen im Globalen Süden hat, findet im Rahmen einer Gerichtsverhandlung nicht statt.
Dieses Verhalten des Gerichts macht auch deutlich, dass es hier nicht darum geht, einen fairen Prozess gegen eine Person zu führen, sondern Klimaaktivismus als ganzes an den Pranger zu stellen. Würde das Gericht sich an die eigenen Regeln halten, hätte es diese neuerliche Ladung für den 20.03. gar nicht geben dürfen, denn der §229 der Strafprozessordnung besagt, dass eine Hauptverhandlung für nicht länger als drei Wochen unterbrochen werden darf. Der angesetzte Verhandlungstermin am 07.03. lag schon genau drei Wochen nach dem vorherigen Verhandlungstag (14.02.). Da die angeklagte Person krankheitsbedingt nicht an der Verhandlung teilnehmen konnte, wurde die Frist mit dem neuen Termin am 20.03. weit überschritten. Nach Erhalt der neuen Ladung hatte die angeklagte Person beantragt, die Verhandlung wegen genau dieser Fristüberschreitung auszusetzen. Bis zum Verhandlungsbeginn heute hatte sie darüber jedoch keine Entscheidung mitgeteilt bekommen, daher gehen wir davon aus, dass die Richterin weiterverhandeln will, obwohl die gesetzlich festgelegte Frist nicht gewahrt ist.
Für uns ist völlig klar, dass es so etwas wie Neutralität nicht gibt, schon gar nicht in Gerichten. Zum Einen generiert RWE in Grevenbroich einen Großteil der Gewerbesteuereinnahmen, zum Anderen ist das Gericht als staatliche Institution darauf bedacht, den Status quo aufrecht zu erhalten. Jede Störung, die dem entgegensteht, wird sanktioniert. Denn die Mühlen des Staates mahlen langsam. Bis zu einem vollständigen Kohleausstieg sollen noch mindestens zehn Jahre vergehen. Diese Zeit haben wir aber nicht. In dieser Zeit stoßen die verbleibenden Braunkohlekraftwerke viele Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre und die Folgen werden immer gravierender. Auch wenn wir das vielleicht nicht sehen: die Menschen, die auf flachen Inseln leben, sehen das jeden Tag. Ein Weiter-So können wir als Weltbevölkerung uns einfach nicht mehr leisten. Es wird Zeit, dass wir die Verbrennung von fossilen Brennstoffen stoppen! Und zwar sofort! Nicht erst dann, wenn wir vielleicht irgendwann in ferner Zukunft mal was gefunden haben, was das vielleicht ersetzen könnte. Diese Zeit haben wir nicht! Und deshalb haben wir uns entschieden, heute keine Zeit im Gerichtssaal zu verschwenden, sondern sie sinnvoller zu nutzen. Vielleicht sehen Richterin und Staatsanwaltschaft ja auch irgendwann ein, dass sie ihre Zeit deutlich sinnvoller nutzen könnten.