Long story short: Nachdem es am Montag, den 13.02.23 auf dem Marktplatz in Grevenbroich einen größeren Aufruhr aufgrund einer Kletteraktion in zwei Bäumen gegeben hatte, wurde die Verhandlung am 14.02. nach nur einer halben Stunde erneut vertagt – auf den 07.03., 13:00 Uhr.
Der 13.02.23 war ein frühlingshafter, sonniger Tag, wahrscheinlich der erste in diesem Jahr. Viele Menschen waren draußen unterwegs, aßen Eis, saßen in Cafés. Perfekte Bedingungen also, um in einer kleinen Stadt wie Grevenbroich eine Kletteraktion zu veranstalten und das Stadtgespräch auf die Probleme von Braunkohleabbau und den am nächsten Tag stattfindenden Prozess gegen ein Klimaaktivisti zu lenken. Zwei von uns erkletterten je einen Baum auf dem Marktplatz, dem Dreh- und Angelpunkt der Grevenbroicher Fußzone. Das war zumindest der Plan, denn eine Person wurde gleich zu Beginn von einer Ordnungsamt-Person am Hochklettern gehindert, indem ihr Fuß festgehalten wurde. Hinweise auf die Gefahr eines Hängetraumas wurden einfach ignoriert und so verweilten Kletterli und Ordnungsamt-Mensch für etwa eine halbe Stunde in derselben Position.
In der Zwischenzeit hatte die andere Kletterperson längst ihre Baumkrone erreicht und dort das Banner aufgehängt, das eigentlich quer über den Platz hätte gespannt werden sollen. „Put RWE in chains, so we don’t have to“ stand darauf. Wir bezogen uns damit auf die Ankett-Aktion vor dem Kraftwerk Neurath im November 2021, um die es im Gerichtsprozess geht. Und auch wenn viele Passantis mit dem Spruch nichts anfangen konnten, war allen von Anfang an klar, dass es bei der Aktion ums Klima geht. Das lag wohl auch daran, dass eine weitere Person am Boden fleißig Flyer verteilte, die auf die Klimakrise und RWE und die BlockNeurath-Aktion und auf den Prozess deswegen aufmerksam machten. Diese Themen wurden in Grevenbroich sehr unterschiedlich aufgenommen. Einige Menschen solidarisierten sich und fanden die Aktion gut, freuten sich, dass in Grevenbroich mal etwas passiert. Viele andere fühlten sich anscheinend dadurch gestört und hatten gar kein Verständnis für die Anliegen. Alle Beteiligten bekamen viel Pöbelei ab. Umso richtiger wohl, dass wir da waren.
Irgendwann war dann auch Polizei da und nahm die Personalien von den anscheinend beteiligten Personen am Boden auf. Sie wies auch die Person vom Ordnungsamt an, den Fuß loszulassen, falls doch was passiere (das bezog sich wohl auf das Hängetrauma). So konnte die zweite Person verspätet dann auch noch ihren Baum bis in die Krone erklettern. Als sich die Flyer dem Ende neigten und die Sonne dem Horizont, wurde es leerer in Grevenbroich und wir beschlossen, mit dem Abbau zu beginnen. Leider fiel das mit dem Moment zusammen, in dem die Polizei uns dazu aufforderte, aber wir beendeten die Veranstaltung dann trotzdem. Danach wurde es kurios: Nachdem wir schon einige Zeit noch auf dem Marktplatz rumgehangen hatten, eröffnete uns die Polizei, dass wir uns in Gewahrsam befänden und zwar ohne uns eine Rechtsgrundlage dafür nennen, die den Namen verdient hat. Sie warteten noch auf Anordnungen von oben, was sie jetzt mit uns machen sollten. Die kam dann auch und so bekamen wir, weiterhin ohne Rechtsgrundlage, einen Platzverweis und ein Bereichsbetretungsverbot für gefühlt willkürlich ausgewählte Straßen in Grevenbroich, die aber einen Großteil der Stadt und explizit auch das Gericht miteinfassten. Beides wurde bis zum Ende des 17.02. erteilt, ein Zeitpunkt, der sich ebenfalls nicht erschließt. Es schien, als wollte die Polizei verhindern, dass wir uns weiter an der Öffentlichkeit zu dem Gerichtsprozess beteiligen, also der Mahnwache, dem Publikum in der Verhandlung und weiteren Aktionen drumherum. Das zeigt auch, wie absurd die Behauptung der lokalen Presse ist, dass die Beweisanträge zu Klimaprognosen, RWE oder polizeilichem Vorgehen hätten nichts mit der Sache zu tun: Die Polizei schützt, selbst bei so Lappalien wie zwei bekletterten Bäumen und ein paar verteilten Flyern das Weiter-So und damit RWE. Und natürlich haben die Machenschaften von RWE etwas mit Klimaprognosen zu tun! Und wenn ein Kraftwerk von RWE blockiert wird, dann gehören eben genau all diese Dinge thematisiert!
Das Vorgehen der Polizei an diesem Montag in Grevenbroich wollten wir so also auch nicht hinnehmen und beantragten daher abends Ausnahmen von diesen Maßnahmen, um an der Versammlung bzw. dem Gerichtsprozess teilnehmen zu dürfen (hätten wir natürlich ohnehin gemacht). Wir dachten, dass sie das ignorieren oder ablehnen, aber tatsächlich bekamen wir am nächsten Tag diese Ausnahmegenehmigung und „durften“ uns zum Zwecke des Besuchs der Gerichtsverhandlung durch die Stadt bewegen. Da war trotzdem ein deutlich größeres Polizeiaufgebot als sonst. Ob das an dem auf indymedia aufgetauchten Aufruf lag, der Polizei die Liebe ins Gesicht zu werfen? Wir wissen es nicht.
Die Gerichtsverhandlung am 14.02., bei der auch einige der Pöbelnden vom Vortag im Publikum saßen, dauerte dann kaum eine halbe Stunde: Die Richterin führte ein Dokument ein, das sie am ersten Verhandlungstag schonmal eingeführt hatte, ordnete das Selbstleseverfahren an, also dass alle Anträge nur noch schriftlich eingereicht und nicht mehr vorgelesen werden dürfen, gewährte eine Pause, um das zu rügen, legte eine Frist zur Einreichung von Anträgen fest und vertagte dann erneut auf dem 07.03.23 um 13 Uhr
Zwei von uns klagten noch im Eilverfahren gegen den Platzverweis und Bereichsbetretungsverbot, weil sie vollkommen willkürlich und grundlos zusammengeschustert waren. Nach einem Anruf der Verwaltungsrichterin bei der Polizei nahm diese die Verfügungen – allerdings nur gegen die Personen, die geklagt hatten – zurück.